Hedelfingen. Es war eine schwere Geburt. Nach wochenlangem
Hin und Her haben die Hedelfinger nun doch ihren Kreisel am Dürrbachplatz
durchgesetzt. Eine Gemeinderatsmehrheit dafür bei der Verabschiedung des
Stadthaushalts 2006/2007 am 16. Dezember ist sicher. Die Zahlen bieten
allerdings noch Diskussionsstoff. In Hedelfingen hält man einen
Kreisverkehr am "Dürrbachplatz" gegenüber der jetzt ampelgeregelten Kreuzung
für die bessere Lösung. Nach zähem Ringen gibt es dafür nun auch im
Gemeinderat eine Mehrheit.
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Wer hätte das gedacht? Ausgerechnet die Grünen, die sich im Umwelt- und
Technikausschuss am 8. November noch klar gegen den Hedelfinger
Kreiselwunsch aussprachen, ebneten nun mit einem Haushaltsantrag den Weg zu
einer Mehrheit mit SPD und Freien Wählern. Vorangegangen war ein heftiger
Streit bei CDU und Freien Wählern. Letztere wechselten jetzt zum zweiten Mal
die Richtung, nachdem sie Druck von ihren Hedelfinger Bezirksbeiräten
bekamen. Hätte der Hedelfinger Unternehmer Paul Wurm nicht so beharrlich bei
den Gemeinderatsfraktionen um Zustimmung für einen seiner Meinung nach
preiswerter zu bauenden Kreisverkehr geworben: Wer weiß, ob dann am Ende
überhaupt noch ein Kreisverkehr herausgekommen wäre?
"Nicht ohne Paul Wurm"
So jedenfalls durfte sich Hans-Peter Seiler über eine frohe Kunde aus dem
Verwaltungsausschuss freuen, der am 28. November in nicht-öffentlicher
Sitzung eine knappe Mehrheit für den Grünen-Antrag zustandebrachte. Der
Bezirksvorsteher war "von der Wende sehr angenehm überrascht" und sprach von
einem "Weihnachtsgeschenk für den Stadtbezirk". Ausdrücklich lobte Seiler
das Engagement von Paul Wurm: "Es wäre sicher nicht ohne ihn gegangen".
Wurm war nach intensiven Recherchen über alle möglichen Kreisverkehre in der
Republik und zahlreichen Kontakten zu Sachverständigen und Kommunen
überzeugt, dass sich der "Dürrbachkreisel" noch sicherer und kostengünstiger
bauen lässt als in den bisher präsentierten Plänen angenommen. Zum einen
schlug der ehrenamtliche Kreisel-Forscher eine Reduzierung des Durchmessers
vor, zum anderen plädierte er für eine "halbe" Busspur als "Bypass", über
die sich gefahrlos auch aus der Heumadener Straße ausfahren ließe - ein
Knackpunkt bei dem viel kritisierten Vorschlag der Universität Stuttgart.
Eine erläuterte Skizze des "Wurm-Kreisels" ist im WILIH-Diskussionsforum zu
sehen ( www.wilih-abc.de :"Dürrbachkreisel erst mal nur planen?" unter
"Aktuelle WILIH-Diskussionsthemen"). 250.000 statt der von der Stadt
veranschlagten 510.000 EUR müssten für den Bau ausreichen, meint der
Hedelfinger Unternehmer nach eigenen Kostenvergleichen.
Angebot liegt schon vor
Mit dieser Idee konnte Paul Wurm zunächst die Grünen-Fraktion des
Gemeinderats überzeugen. Prompt beantragten die Stadträte Daniela Feindor,
Peter Pätzold, Werner Wölfle und Ursula Marx die Einstellung von 290.000 EUR
einschließlich der im Gemeinderat unstreitigen 40.000 EUR Planungskosten in
den kommenden Doppelhaushalt. Der deutlich reduzierte Kostenansatz leuchtete
auch Hedelfingens Bezirksvorsteher ein, der keinen Luxuskreisel möchte,
sondern einen Umbau der Rohrackerstraße ohne Etappen "in einer Folge".
Bestärkt wurde Hans-Peter Seiler vor einigen Tagen durch ein Angebot einer
Esslinger Firma, das er unaufgefordert auf den Tisch bekam. Mit preiswerten
Fertigteilen hat dieses Unternehmen in der Region schon einige Kreisverkehre
gebaut, und bietet der Stadt seine Lösungen nun auch für Hedelfingen an.
Auch bei der Stadt hat man noch einmal über den Kreisel nachgedacht.
Allerdings hält man im Stuttgarter Rathaus nach wie vor an Gesamtkosten von
550.000 EUR fest (40.000 für Planung und 510.000 EUR für den Bau). Da aber
vor Herbst 2007 ohnehin nicht an einen Bau zu denken sei, wurde dem
Gemeinderat jetzt ein modifizierter Finanzierungsablauf präsentiert:
Planungsmittel von 40.000 EUR für 2006, eine erste Bau-Tranche für 2007 in
Höhe von 100.000 EUR und der Rest von 410.000 EUR dann - im Ende 2007 vom
Gemeinderat zu beschließenden - Haushalt für 2008.
Hedelfinger Beirat gestärkt
Diesem Vorschlag hätten sich nach Informationen aus dem Gemeinderat SDP und
Freie Wähler angeschlossen, nicht jedoch alle Grünen. Über die Position der
CDU gibt es unterschiedliche Informationen. Fest zu stehen scheint
lediglich, dass die Union nach wie vor Planungsmittel von 40.000 EUR
bereitstellen und den Bau am liebsten auf den übernachsten Doppelhaushalt
für die Jahre 2008 und 2009 vertagen wollte. Mehrheitsfähig war im
Verwaltungsausschuss des Gemeinderats schließlich nur der Grünen-Antrag mit
Baukosten von 250.000 EURO ("Wurm-Kreisel"). Dass dieser Beschluss "steht",
bestätigte Jürgen Zeeb (Freie Wähler) am vorigen Donnerstag noch einmal
gegenüber WILIH. Als Befürworter des Kreisverkehrs stehe die SPD "mehr der
Not gehorchend" ebenfalls dahinter, meinte Betreuungsstadtrat Prof. Dr.
Rainer Kußmaul zum gefundenen Kompromiss. Sollte es der Stadtverwaltung
nicht gelingen, ihre Rechnung dem Hauhaltsbeschluss anzupassen, wird der
Gemeinderat aber womöglich vor dem Baubeschluss noch überplanmäßige Mittel
bereitstellen müssen. Doch vielleicht gelingt Schultes Seiler und Tüftler
Wurm ja auch noch kalkulatorisch die Quadratur des Kreisels...
Der Hedelfinger Bezirksbeirat geht aus der Debatte jedenfalls gestärkt
hervor. Rückendeckung für seine einstimmige Kreiselforderung (WILIH
22.11.2005) erhielt das Stadtparlament auch noch einmal vom örtlichen
Gewerbe- und Handelsverein (GHV). Dessen Vorsitzender Michael Weber schrieb
am 28. November an die Stuttgarter Ratsfraktionen einen Brandbrief, in dem
er das Interesse der Einzelhändler an einer Verbesserung der
Verkehrssituation und des Ortsbildes unterstrich. Der GHV stehe "voll und
ganz" hinter den Beschlüssen des Bezirksbeirats. "Völliges Unverständnis"
habe die Unternehmerorganisation für eine vermeintliche Äußerung eines
Gemeinderatsmitglieds, die in Hedelfingen "die Runde" machte: Im
Zusammenhang mit der Forderung des Bezirks nach einem Kreisverkehr sei
offensichtlich von einem "Zwergenaufstand" die Rede gewesen. Kritik am
Stadtbezirk oder seinem Bezirksbeirat sollten die Politiker öffentlich
vortragen, forderte Weber. Dann könnten die Bürger dies bei ihrer nächsten
Wahl berücksichtigen. Außerdem sollte Hedelfingen, auch wenn es am Rande der
Landeshauptstadt liege, "genauso behandelt werden wie die zentral gelegenen
Stadtbezirke".
mk
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