Kreisverkehr am Dürrbachplatz
Experten empfehlen „Bypass“
Hedelfingen. Nach
der Aufregung der Vorwoche liegen nun zwei Drucksachen vor, in denen die
Ergebnisse der Verkehrszählungen für die versuchsweise verengte
Rohrackerstraße und ein Vorschlag für einen „Dürrbachkreisel“ mit „Bypass“
präsentiert werden. Heute beschäftigt sich der Technikausschuss des
Gemeinderats damit.
Seit dem 14. März ist die Ortsdurchfahrt an der Rohrackerstraße in
Hedelfingen probeweise auf einem Teilstück von vier auf zwei Fahrspuren
verengt.
Wissenschaftlich begleitet wurde dieser Verkehrsversuch durch den
Lehrstuhl für Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik der Universität
Stuttgart.
Drei Verkehrszählungen wurden durchgeführt: eine Vorher-Erhebung am 30.
November 2004, eine erste Nachher-Erhebung am 7. Juni und eine zweite am 20.
September 2005. Wichtigstes Ergebnis: Die „Auswirkungen des Versuchs“ sind
„akzeptabel“, ein „Rückbau der Rohrackerstraße... machbar".
Verkehrsverlagerungen nicht nachzuweisen
Bedenken hatten die Kommunalpolitiker wegen möglicher Verkehrsverlagerungen
in andere Stadtteile. Diese Gefahr besteht nach den Untersuchungen nicht:
Sie konnten „nicht nachgewiesen“ werden. Ein in Hedelfingen mit Sicherheit
begrüßter Effekt hat sich aber gezeigt: Es wird „langsamer gefahren“. Ohne
dass die gefürchteten Mammutstaus entstehen, abgesehen von einem
zusätzlichen Rückstau „in den Spitzenzeiten in Richtung Hedelfinger Platz“
(Anm. d. Red.: Gemeint ist „in Fahrtrichtung Hedelfinger Platz“). In einer
Skizze zeichnet das untersuchende Institut die vorherige Rückstaulänge
ungefähr auf der Höhe des Geschäftes „Karl Klein“ ein, jetzt „in
Ausnahmefällen bis zum Dürrbachplatz“ (abends) – das sind ungefährhundert
Meter. Erfreulich auch: Bei der Fußgängerzählung und hinsichtlich der
Verkehrssicherheit ließen sich keine Unterschiede zum vorherigen Zustand
feststellen. Als naheliegende Ausweichstrecken wurden die Tal- bzw.
Landhausstraße und die Champagnestraße (Esslingen) untersucht.
Erstaunlicherweise nahm während des Verkehrsversuchs auf beiden Strecken die
Autofrequenz stärker ab als an der Rohrackerstraße mit Zählpunkten am
Hedelfinger Platz und am „Dürrbachplatz“. Auf „natürliche Schwankungen des
Verkehrsaufkommens“ führen dies die Experten der Universität Stuttgart
zurück, „nicht auf den Verkehrsversuch“. Vielleicht haben die im selben
Zeitraum stark gestiegenen Benzinpreise zu einer allgemeinen Verlagerung des
Berufsverkehrs auf öffentliche Verkehrsmittel und vermehrte Bildung von
Fahrgemeinschaften von Berufspendlern beigetragen. Nähere Ausführungen
hierzu gibt es in dem vorliegenden Gemeinderatsbericht allerdings nicht. Die
Stadtverwaltung empfiehlt dem Gemeinderat die Beibehaltung der zweispurigen
Verkehrsführung an der Rohrackerstraße bei (während des Tests noch nicht)
angepassten Ampelprogrammen und einer Optimierung des Einfädelbereichs nach
dem „Dürrbachplatz“.
Einstreifiger Kreisel nur knapp über Grenzwert?
In einer zweiten Gemeinderatsvorlage werden die Untersuchungsergebnisse zu
einem möglichen „Dürrbachkreisel“ dargestellt. Ein einstreifiger
Kreisverkehr wird von den Wissenschaftlern der Universität Stuttgart als
„nicht ausreichend leistungsfähig“ beurteilt „und sollte deshalb nicht
umgesetzt werden“. Empfehlenswerter erscheint eine skizzenhaft entworfene
Variante mit einem „Bypass“ für den Geradeausverkehr vom Lederberg in
Richtung Hedelfinger Platz. Ausschlaggebend für diese Empfehlung war
allerdings –wie WILIH auf Nachfrage bei dem untersuchenden Lehrstuhl erfuhr
– die Spitzenbelastung. Rein wissenschaftlich betrachtet, läge bei einem
einstreifigen Kreisverkehr wohl während der Spitzenstunde die Frequenz bei
etwa hundert „PKW-Einheiten“ (LKW schlagen mit mehr als einer „Einheit“ zu
Buche) in der Stunde über dem kritischen Wert.
Da die Wissenschaftler bei einem Kreisverkehr mit „Bypass“ signalisierte
Fußgängerfurten an beiden Seiten des „Dürrbachplatzes“ fordern, dürfte diese
Lösung recht teuer werden – und damit Raum für eine politische Diskussion
über die Notwendigkeit einer großen Lösung bieten.
Gegenvorschlag mit „Bypass“ nach Rohracker
Eine völlig andere Kreisel-Variante schlägt Paul Wurm im
WILIH-Diskussionsforum (www.wilih-abc.de) vor. Der Pressesprecher des einen
„Dürrbachkreisel“ fordernden Gewerbe- und Handelsvereins
Hedelfingen-Rohracker präsentiert dort anhand einer farbigen Skizze einen
Kreisverkehr mit einem „Bypass“ auf der anderen Seite in Richtung Rohracker
und beschränkt sich in seinem Vorschlag auf einen Fußgängerüberweg bei den
beidseitigen Bushaltestellen „Ährenweg“.
mk
Jahrhundertkreisel
Die Hedelfinger wünschen sich einen Kreisverkehr, der ihre Ortsdurchfahrt
harmonisch mit der Filderauffahrt verbinden soll. Noch vor einem Jahr zeigte
man sich bei der Stadt Stuttgart grundsätzlich skeptisch. Angesichts von
immer mehr Kreisverkehren auch in der Region Stuttgart wunderten sich
Kommunalpolitiker und Beobachter, warum die Landeshauptstadt immer wieder
einen argumentativen Bogen um Kreisverkehre machte.
Inzwischen scheint der Widerstand gebrochen. Dass die Gemeinderats-CDU
den von der Stadtverwaltung (!) vorgeschlagenen Kreisverkehr am Hedelfinger
„Dürrbachplatz“ noch aus dem kommenden Haushaltsplanentwurf kegeln möchte,
hat aber nichts mit rückschrittlicher Beurteilung der Verkehrslage zu tun,
sondern eher mit Proporz-Überlegungen bei der Mittelvergabe. Jetzt kommt
allerdings noch ein Gutachten der Universität Stuttgart hinzu, nach dem ein
„normaler“ Kreisverkehr am „Dürrbachplatz“ nicht leistungsfähig genug sein
soll.
Wegen vielleicht ein bis zwei Autos zu viel in der Minute während einer
einzigen Spitzenstunde am frühen Abend wird (wissenschaftlich sicher
korrekt) für eine der bei den Fahrtrichtungen ein „Bypass“ vorgeschlagen.
Der Geradeausverkehr soll dadurch schneller vorankommen. Mit der Hypothek
allerdings, dass er sich nach dem Kreisverkehr wieder einfädeln müsste – was
jetzt schon nicht gut klappt, weil zu viele Autofahrer das vorgeschriebene
„Reißverschlussverfahren“ nicht beherrschen (wollen). Dies wiederum zöge
(wegen der potentiellen Gefahr für Fußgänger) zwei Überwege mit
„Fußgängerampeln“ nach sich...
Der leidgeprüfte Steuerzahler ahnt schon: Mit deutscher Gründlichkeit
wird hier geradewegs auf ein Jahrhundertbauwerk zugesteuert. Zumindest in
der Planung. Wann es gebaut wird?
Eine Jahrhundertfrage.
-->
Kreisverkehr - eine runde Sache: Flüssiger Verkehr dank Kreisverkehr!
--> Rede zum Doppelhaushalt
2006/2007
Die Stadt will den „Dürrbachkreisel“ schon 2007 bauen.
Die Gemeinderats-CDU aber frühestens im Haushalt 2008/09 die Mittel dafür
bereitstellen. Was meinen Sie? Ist der Kreisverkehr so viel versprechend,
dass er zeitnah mit einem Rückbau der Rohrackerstraße realisiert werden
sollte? Oder kann man zugunsten anderer Projekte in der Stadt auch noch zwei
oder drei Jahre warten? Diskutieren Sie mit im WILIH-Diskussionsforum im
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